Zurück zur ECO-World Startseite

Haftungsausschluss
Impressum
Datenschutzerklärung
 








  Forum
 
 
HOME | Top-Nachrichten | alle Nachrichten
 Hier finden Sie laufend aktuelle Nachrichten aus dem Themenbereich Ökologie.
Stichwort    Art 
Hilfe   neue Suche  alle Pressestellen anzeigen 
Wenn Sie Meldungen zu einem bestimmten Thema suchen, steht Ihnen die Navigation links zur Verfügung. - Mit ECO-News, dem Presseverteiler der ECO-World sind Sie immer auf dem Laufenden.

 ECO-News - die grüne Presseagentur
Presse-Stelle:  Dr. Franz Alt Journalist, D-76530 Baden-Baden
Rubrik:Politik    Datum: 02.10.2000
"Viel Sinneswandel"
Offener Brief von Franz Alt an Angela Merkel
Liebe Angela Merkel,
750.000 Unterschriften für eine ökologische Steuerreform übergab ich Ihnen als Sie im März 1995 Präsidentin des Weltklimagipfels in Berlin waren.

Unterstützt von Politikern aller Parteien - aus der CDU gehörten Ihr Vorgänger als Umweltminister, Klaus Töpfer, sowie Rainer Eppelmann, Arnold Vatz, Lutz Wicke und der gesamte Bundesvorstand der Jungen Union dazu - hatte die Aktion "Globaler Ökologischer Marshallplan" für eine "Ökologische Steuerreform" sowie für "Energieabgaben bei gleichzeitiger Abgabenentlastung der menschlichen Arbeit" und für eine "Flugbenzinsteuer" geworben.

Im Beisein vieler Journalisten sagten Sie mir damals beim Berliner Umweltgipfel: "Eine ökologische Steuerreform ist Voraussetzung für eine effektive Umweltpolitik. Ich unterstütze diese Forderungen und bin als Umweltministerin dankbar für das ökologische Engagement von 750.000 Bürgerinnen und Bürger."

Heute nennen Sie den ohnehin recht bescheidenen rot-grünen Einstieg in eine ökologische Steuerreform eine K.O.-Steuer. Wo aber bleibt die Begründung für den plötzlichen Sinneswandel? Noch beim Klimagipfel in Kyoto Ende 1997 haben Sie eine konsequentere Klimaschutzpolitik gefordert. Das hat Ihnen viel Respekt der deutschen Umwelt Verbände eingebracht. Ihr heutiger Stellvertreter Christian Wulff hat sich damals bei einem Fernsehinterview mit mir eindeutig "für eine ökologische Steuerreform" ausgesprochen - auch in seinem Wahlkampf in Niedersachsen gegen Gerhard Schröder Anfang 1998. Wolfgang Schäuble war über viele Jahre ein Streiter für die Ökosteuer.
Im CDU -Grundsatzprogramm haben Klaus Töpfer und Christian Wulff so eindeutig, klar und marktwirtschaftlich konsequent für eine Ökosteuer plädiert wie Sie selbst in Ihrem Buch "Der Preis des Überlebens".
Im CDU-Grundsatzprogramm steht: "Die Preise unsere Mobilität müssen die Kosten der Umweltbelastung und Naturnutzung widerspiegeln." Sie wissen, dass auch die heutigen Benzinpreise dies weder ökologisch noch ökonomisch tun. Ein Liter Spritverbrauch bedeutet, dass wir 10.000 Liter Luft verpesten. Was ist wichtiger: sechs Pfennig mehr pro Liter Benzin und ein bisschen Klimaschutz oder weiterhin Treibhauseffekt?

Jahrelang, liebe Angela Merkel, schrieben und sprachen Sie bei Ihren Plädoyers für ökologische Steuern von "Verantwortung" und "Bewahrung der Schöpfung". Gilt das alles jetzt plötzlich nicht mehr, nur weil Sie in der Opposition sind? Hängt die Einstellung zu den Überlebensfragen der Menschheit wirklich davon ab, ob eine sich christlich nennende Partei regiert oder opponiert?

Spüren Sie nicht, wie rasch Sympathie und Glaubwürdigkeit, die Sie beim Aufarbeiten der CDU-Spenden Affäre gewonnen haben, durch kurzfristiges Taktieren wieder verlorengehen können? Wer wider besseres Wissen nur taktiert, verrät seine eigene mangelnde Strategiefähigkeit.

Die Grünen waren dabei, neben dem Autobundeskanzler ihre grüne Identität zu verlieren. Doch dank Ihrer Kampagne ergrünen sie jetzt wieder ein bisschen. Wo aber bleibt das "Hohe C" im Namen und Programm der CDU unter Ihrer Führung? Sie sprachen doch noch kürzlich vom "Neuanfang".

Jeden Tag sterben 130 Tier- und Pflanzenarten aus.
Jeden Tag produzieren wir 30.000 Hektar Wüste zusätzlich.
Jeden Tag verlieren wir 86 Millionen Tonnen fruchtbaren Boden und werden 250.000 Menschen mehr;
und jeden Tag blasen wir 100 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft.


Das ist ein Dritter Weltkrieg gegen die Natur. Aber die CDU erstickt die ersten zarten Friedenszeichen, wegen lächerlicher sechs Pfennige.
Was ist "christlich" an Ihrer K.O.-Kampagne? Die CDU will unter Ihrer Führung eine Verfassungsänderung für bundesweite Plebiszite blockieren - aber zugleich starten Sie eine plebiszitäre Kampagne gegen eine Umweltsteuer. Mit solchen Polit-Spielchen setzen Sie den Ruf der CDU als seriöse Partei aufs Spiel. Das Wichtigste für eine "C"- Partei ist Glaubwürdigkeit. Das wird auch für Sie, liebe Angela Merkel, "der Preis des Überlebens" sein.

Mit dieser Kampagne zerstören Sie auch die eindrucksvollen ökologischen Spuren Klaus Töpfers. Er hat 1992 jährlich zehn Pfennig Benzinpreiserhöhung pro Liter Sprit vorgeschlagen, was dann die konservative Regierung in England 1994 eingeführt hat.
Die rot-grüne Ökosteuer bietet sehr wohl Angriffsflächen für eine konstruktive Opposition: Es gibt zu viele Ausnahmeregelungen für die Industrie; dass auch für erneuerbare Energien Ökosteuer bezahlt werden muß, ist der Geburtsfehler der Steuer und eine generelle Entfernungspauschale von 80 Pfennig je Kilometer erzeugt eher mehr als weniger Verkehr und ist damit ökologisch kontraproduktiv. Setzen Sie doch an diesen Schwachstellen an und Sie haben große Zustimmung - auch von den 750.000 Unterstützern des "Ökologischen Marshallplans", unter denen viele CDU-Mitglieder und CDU-Wähler sind.

Ihr Franz Alt


Franz Alt leitet die Zukunftsredaktion im SWR und moderiert in 3Sat das Magazin "Grenzenlos". Er erhielt 1994 den deutschen Solarpreis für Publizistik und 1997 den Europäischen Solarpreis.


Sein neuestes Buch: "Der ökologische Jesus - Vertrauen in die Schöpfung" (Riemann-Verlag/Bertelsmann-Gruppe)


DER SPIEGEL
Nr. 40 / 30. September 2000





Diskussion

  Login



 
 
  Aktuelle News
  RSS-Feed einrichten
Keine Meldung mehr verpassen

31.05.2023
Kein Qualm mehr in der Gastronomie Nichtraucherschutz geht auf ÖDP zurück


30.05.2023
Eine Alternative zu chemischen Pflanzenschutzmitteln DBU-Projekt entwickelt Mulchverfahren für Gemüsebau


Bundesverband WindEnergie fordert bei Ausweisung von Windkraftstandorten mehr Konfliktbereitschaft Scheinbare Zielkonflikte mit Auerhuhn, mit Gebieten der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie und der Denkmalschutz werden ins Feld geführt, um diese Flächen innerhalb der Planwerke als Ausschlussbereiche zu definieren.

"Wir müssen unseren Gewässern wieder mehr Raum geben" Rheinland-pfälzische Klimaschutzministerin übergibt Förderbescheide über rund 1,5 Millionen Euro für Renaturierungsmaßnahmen und Hochwasservorsorge in der VG Daun

Die Umsetzung von Nachhaltigkeit braucht einen langen Atem Wie das Berliner Systemhaus integrate-it Nachhaltigkeit im Unternehmen umsetzt


Globaler Greentech-Vorreiter Hopewind startet in Deutschland Hopewind schließt Lücke im deutschen Photovoltaik-Markt


Energieeffizienzgesetz birgt Chancen für Rechenzentren und IT Mindeststandards für den energieeffizienten Betrieb von Rechenzentren und die Nutzung von Abwärme


Gartentier des Jahres 2023: Nur noch wenige Tage, um abzustimmen! Noch bis zum 11. Juni läuft die Publikumswahl zum "Gartentier des Jahres 2023".


Biologische Vielfalt in Gefahr: Besser ohne Gift! BUND startet Schwerpunkt Pestizide am Tag der Umwelt: #BesserOhneGift

"Snacking Made Right"-Report Mondelez International verzeichnet Fortschritte bei seinen ESG-Zielen


29.05.2023
Zivilgesellschaft stärker in Anstrengungen zur Klimaanpassung und Steigerung von gesellschaftlicher Resilienz einbinden CLIMAS-Toolbox für Klimaräte soll das Engagement der europäischen Bürger:innen und in 150 EU-Regionen stärken


27.05.2023
Für ein solares Zeitalter - Mit Ethik und Technik Für die notwendigen Veränderungen muss uns eine zweite Aufklärung so rasch wie möglich gelingen.

26.05.2023
Hessen stärkt den Einsatz von Recyclingbaustoffen Umwelt-, Wirtschafts- und Finanzministerium starten Initiative für Baustoffrecycling

Weißtanne - wichtige Zukunftsbaumart in Zeiten der Klimakrise "Die Weißtanne ist eine echte Hoffnungsträgerin, die vor allem die labile Baumart Fichte in vielen Regionen ein Stück weit ersetzen kann."l


25.05.2023
Hessen hat ein neues Naturschutzgesetz Novelle schafft die Grundlage, um Artenreichtum zurückzuholen

Öko-Landbau: Neue Plattform ÖLAF vernetzt Forschung, Praxis und Beratung BMEL stärkt praxisnahe Forschung auf Augenhöhe mit 2,4 Millionen Euro Förderung

Vielfalt auf dem Acker: BMEL fördert Forschung an Buchweizen "FagoBreed" leistet Beitrag für Züchtung der genügsamen Kulturart

Ein globaler UN-Vertrag gegen das Plastik Die UN berät ab 29. Mai über ein globales Anti-Plastik-Abkommen.


Heimische Schafwolle - die natürliche Faser besser nutzen Vom BMEL beauftragte Marktstudie legt Empfehlungen vor

24.05.2023
Ohne wahre Preissignale keine gleichen Wettbewerbsbedingungen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft diskutiert darüber, wie ein wie ein sogenanntes Level Playing Field geschaffen werden kann