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Presse-Stelle:  oekom verlag, D-80337 München
Rubrik:Umwelt & Naturschutz    Datum: 19.02.2008
Transparenz in der Politik: Den Brüsseler Lobbydschungel lichten
2008 wird ein wichtiges Jahr für die Europäische Transparenzinitiative
Die Auseinandersetzung mit dem Lobbyismus in Brüssel geht in eine neue Runde. Im Frühjahr will die EU-Kommission ein Lobbyistenregister starten. Die Lobbyisten wehren sich weiter dagegen, ihre Finanzierung offen zu legen. Ob die EU-Kommission erste ernsthafte Schritte zur Eingrenzung des Lobbydschungels gehen will oder ob die Initiative vor allem aus nicht eingelösten Ankündigungen bestehen wird, ist noch offen. ? VON ULRICH MÜLLER, LOBBYCONTROL

Im März 2005 hat der EU-Kommissar für Verwaltung, Audit und Betrugsbekämpfung, Siim Kallas, die European Transparency Initiative (ETI) gestartet, um die Transparenz der EU zu verbessern. Neben der Offenlegung der Agrarsubventionen geht es um stärkere Transparenz- und Verhaltensregeln für Lobbyisten. Die ETI war auch eine Reaktion auf die Kritik an dem wachsenden Einfluss der Konzerne auf die EU. Im Juli 2005 gründeten über 140 NGOs, Gewerkschaften und WissenschaftlerInnen die europaweite Alliance for Lobby Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU). Das Netzwerk engagiert sich für verbindliche Transparenzregeln für Lobbyisten, für verschärfte ethische Standards wie zum Beispiel eine Karenzzeit für EU-KommissarInnen und ihre MitarbeiterInnen, bevor sie als Lobbyisten arbeiten dürfen, und für das Ende des privilegierten Zugangs einzelner Lobbygruppen.

Der Brüsseler Lobbydschungel

In Brüssel arbeiten etwa 15.000 Lobbyisten, davon etwa 70 Prozent im Auftrag von Unternehmen und Unternehmensverbänden. Die Wirtschaftslobbyisten sind in Brüssel oft an erster Stelle dabei. Indes haben sie natürlich nicht das Gemeinwohl im Sinn, sondern die Interessen ihrer Auftraggeber. Der Lobbyismus ist von gesellschaftlichen Machtasymmetrien geprägt. So hat allein der Dachverband der Chemielobby, CEFIC, in Brüssel 140 MitarbeiterInnen und damit mehr als die großen Umweltorganisationen zusammen.
Neben den Ressourcenunterschieden gibt es weitere gravierende Probleme: Wirtschaftsnahe Lobbygruppen genießen oft einen bevorzugten Zugang zur EU-Kommission. Das zeigt sich beim Einfluss von Lobbygruppen wie dem European Services Forum auf die Handelspolitik oder an einseitig besetzten Expertengruppen, wie sie vor allem der deutsche Industriekommissar Günter Verheugen gerne einrichtet - etwa Cars 21 oder die High Level Group on Competitiveness, Energy and the Environment. Dazu kommen Verflechtungen wie bei Europaabgeordneten, die als Lobbyisten arbeiten, oder das sogenannte Drehtür-Phänomen: Finanzstarke Lobbygruppen werben gerne ehemalige EntscheidungsträgerInnen an, um sich durch deren persönliche Kontakte und Insiderwissen strategische Vorteile zu sichern.
Außerdem benutzen Lobbyisten oft fragwürdige Methoden und versuchen, die Namen ihrer Auftraggeber zu verschleiern. Ein Beispiel ist das International Council for Capital Formation (ICCF), eine Schein-Denkfabrik, die als Tarnorganisation für Klimaschutzgegner dient. Ihre Adresse in Brüssel ist nur eine Briefkasten-Adresse. De facto betreibt die Lobbyagentur Cabinet Stewart das ICCF, die Finanzierung bleibt im Dunkeln. Klar ist nur, dass die US-amerikanische Mutterorganisation, das American Council for Capital Formation, viel Geld vom Ölgiganten ExxonMobil bekommt. Diese manipulative Strategie sicherte Cabinet Stewart den dritten Preis bei den Worst EU Lobbying Awards 2007 (1). Die ersten beiden Plätze besetzten die deutschen Autobauer BMW, Daimler und Porsche für ihre interessengeleitete Panikmache im Kampf gegen CO2-Reduktionen von Pkws sowie die europäische Lobbyvereinigung EPACA für ihre intensive Kampagne gegen ein Transparenzregister.

Der Kampf für Transparenz und gesetzliche Grenzen

Das Beispiel ICCF zeigt, dass effektive Transparenz und Ethikregeln für Lobbyisten in der EU dringend notwendig sind. Im Frühjahr 2008 will die EU-Kommission ein Onlineregister starten, in dem Lobbyistinnen und Lobbyisten ihre KundInnen und Budgets offenlegen sollen. Die Eintragung soll für ein Jahr freiwillig sein; dann will die Kommission bewerten, ob der freiwillige Ansatz ausreicht. An das Register soll ein Verhaltenskodex für Lobbyisten gekoppelt sein. Allerdings ist der erste Vorschlag der EU-Kommission von Ende 2007 so schwach, dass er nicht der Rede wert ist.
Das Ziel der Transparenz-Initiative ALTER-EU von NGOs, Gewerkschaften und WissenschaftlerInnen ist ein verpflichtendes Register für alle Lobbyisten mit der Offenlegung von Kunden und Finanzquellen. Freiwillig werden sich viele Lobbyisten nicht am Online-Register der EU beteiligen. Deshalb wird die EU nach Meinung lobbykritischer Organisationen am Ende der einjährigen Testphase das Fazit ziehen, dass der Eintrag in das Register zur Pflicht gemacht werden muss. Das sehen die Lobbyisten voraus und wollen schon im Vorfeld verhindern, dass sie ihre Budgets angeben müssen. Kommissar Kallas beharrt in seinen Äußerungen bislang auf der Offenlegung der Finanzen. Allerdings besteht die Gefahr, dass am Ende die Budgets nur in groben Stufen angegeben werden müssen. Problematisch ist zudem, dass nicht erkennbar ist, ob die EU-Kommission die Arbeit an dem Lobbyistenregister wirklich vorantreibt.
Die Aufgabe der kritischen Zivilgesellschaft wird 2008 deshalb sein, Verwässerungen und Verzögerungen zu verhindern und endlich konkrete Schritte für mehr Transparenz durchzusetzen.

Das Problem mit der "Drehtür"

Auch das Europäische Parlament berät zurzeit über die ETI und die eigenen Regeln im Umgang mit Lobbyisten. Die Europaabgeordneten sind gefordert, klar Position zu beziehen und Lobbyisten zur umfassenden Offenlegung zu verpflichten. Allerdings gibt es einige Abgeordnete, die selbst zugleich als Lobbyisten tätig sind, wie etwa Elmar Brok (CDU) für Bertelsmann. So kritisiert eine aktuelle Studie (2) der EU-Kommission über Verhaltensregeln für Entscheidungsträger in den EU-Institutionen und den Mitgliedsländern besonders das Europaparlament. Auch die fehlenden Regeln gegen den Wechsel von PolitikerInnen in Lobbyjobs ("Drehtür") werden als Problem gesehen. Der EU-Kommission selbst stellt die Studie dagegen ein gutes Zeugnis aus. Allerdings hat die Studie methodische Schwächen: Sie analysiert nur die offiziellen Regeln und keine konkreten Problemfälle und Affären. Zudem wird bei der EU-Kommission nur auf die KommissarInnen geachtet, nicht auf den gesamten Beamtenapparat. Probleme wie mit Lobbyisten besetzte Expertengruppen tauchen gar nicht auf. Auch an diesen weißen Flecken will das ALTER-EU-Netzwerk ansetzen. So ist eine Studie über den Zugang von Lobbyisten zu den Expertengremien der Kommission in Arbeit. Die Auseinandersetzung um das Lobbyistenregister ist ein wichtiger Teil in dem notwendigen Kampf gegen den Brüsseler Lobbydschungel und für mehr Demokratie und Gemeinwohlorientierung der EU.

Anmerkungen
(1) www.worstlobby.eu
(2) Regulating Conflicts of Interest for Holders of Public Office in the European Union. Download (331 S., 1,1 MB): www.euractiv.com/de/pa/article-169085

Ulrich Müller ist Vorstandsmitglied von LobbyControl - Initiative für Transparenz und Demokratie in Köln und Mitglied im Leitungskreis der Alliance for Lobby Transparency and Ethics Regulation (ALTER-EU).

Kontakt: Ulrich Müller
E-Mail: u.mueller@lobbycontrol.de,
www.lobbycontrol.de


Lobby Planet Brüssel
Die unabhängigen Initiativen LobbyControl und Corporate Europe Observatory haben einen lobbykritischen Stadtführer durch das Brüsseler EU-Viertel erstellt. Der "Lobby Planet Brüssel" führt auf 36 Seiten in kurzer und lockerer Form durch den Lobbydschungel. Er bewertet den Einfluss der wesentlichen Akteure und zeigt wichtige Lobbybrennpunkte und -kampagnen der letzten Jahre. Das Schlusskapitel beschreibt die aktuelle Debatte in Brüssel und macht Handlungsvorschläge für mehr Transparenz und Demokratie.
www.lobbycontrol.de/blog/index.php/lobby-planet-bruessel

Das europäische Transparenz-Netzwerk ALTER-EU ist für neue Mitgliedsorganisationen offen und freut sich über weitere Unterzeichner des Forderungskatalogs.
www.alter-eu.org

Erschienen in umwelt aktuell 02/2008
www.oekom.de/zeitschriften/umwelt-aktuell.html



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