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Umwelt & Naturschutz   
Das Blaue vom Himmel
Märchen und Wirklichkeit - Die Versprechen der Agro-Gentechnik
Was ist wirklich dran an den Versprechen der Industrie?
Zehn Jahre sind vergangen seit der Zulassung des ersten genmanipulierten Lebensmittels, der sogenannten Antimatsch-Tomate. Seither hat die Agro-Gentechnik einen anscheinend beispielhaften Triumphzug hinter sich. Die weltweite Anbaufläche ist mittlerweile auf die doppelte Größe Deutschlands angewachsen.

Dass Gentechnik den Welthunger bekämpft und die Erträge steigert, wird aufgrund jahrelanger Beschallung durch die Konzerne kaum mehr hinterfragt. Kein Wunder, wird diese doch von PR-Agenturen wie Burson-Marsteller unterstützt, einer Firma, die unter anderem für das Pentagon Methoden zur psychologischen Kriegsführung entwickelt. Doch was ist wirklich dran an den Versprechen der Industrie?

1. Gentechnik auf dem Acker reduziert den Einsatz von Pestiziden

Entgegen aller Versprechungen der Industrie führt der Anbau von Gen-Pflanzen nicht zu einem verringerten Einsatz von umweltschädlichen Pestiziden. Rückgänge sind, wenn überhaupt, nur für wenige Jahre zu belegen. Nach dieser Zeitz steigt die Menge der eingesetzten Pestizide wieder deutlich an. In den USA werden heute auf Gentechnikfeldern bereits 13% mehr Pestizide versprüht als auf konventionellen Äckern, mit stark zunehmender Tendenz. *1

Der Hauptgrund für den Anstieg ist die Entwicklung von herbizidresistenten Unkräutern auf Gen-Äckern. Etliche Ackerkräuter sind in den USA, Argentinien und Kanada bereits resistent gegen die eingesetzten Totalherbizide. Zu einem besonders hartnäckigen Unkraut ist herbizidresistenter Gen-Raps geworden. Bei etlichen Sorten führt die Genmanipulation dazu, dass die Anfälligkeit der Pflanzen gegenüber anderen Schädlingen oder Krankheiten zunimmt. Diese müssen dann wiederum mit Gift bekämpft werden. Und selbst in Fällen, in denen kurzzeitig weniger Pestizide benötigt werden, handelt es sich nur um ein Strohfeuer. China geht davon aus, dass der Bollworm, dem mit Gen-Baumwolle der Garaus gemacht werden soll, in wenigen Jahren resistent gegen das Gift der Gen-Pflanzen sein wird.

2. Der Anbau transgener Pflanzen schont die Umwelt

Dass ein zunehmender Einsatz von Pestiziden nicht zur Entlastung der Umwelt beiträgt, liegt auf der Hand. Totalherbizide haben ein sehr breites Wirkungsspektrum: sie vernichten alles pflanzliche Leben, nur die Gen-Pflanzen überleben. Doch viele Ackerkräuter sind Nahrungspflanzen für Insekten, diese wiederum für Vögel und andere Tiere. In der bislang größten Studie über die Auswirkung von GVO wurden denn auch massive Folgen für Fauna und Flora festgestellt *2: bis zu 24 Prozent weniger Schmetterlinge und 44 Prozent weniger Blütenpflanzen waren auf den Gen-Äckern zu finden.
Innerhalb von zwanzig Jahren, so eine Modellrechnung, würde dies zum Aussterben der Feldlerche führen: durch die Totalherbizide würde deren Hauptfutterpflanze verschwinden.

3. Transgene Pflanzen erzielen höhere Erträge

Der Ertrag von GVO-Pflanzen liegt nicht über dem konventionell gezüchteter Sorten. Genmanipulierte Sojapflanzen erzielen im Gegenteil einen Minderertrag von 6-10 Prozent, bei transgenen Zuckerrüben und Raps liegen die Erträge 5-8 Prozent unter dem konventioneller Vergleichssorten. Auch die Erträge von GV-Mais sind im Durchschnitt nicht höher als bei konventionellen Sorten.

4. Gentechnik bedeutet höhere Gewinne für die Bauern

Auch die These, der Einsatz von GVO-Pflanzen würde den Bauern höhere Gewinne bringen, gehört ins Reich der Legende. Selbst kurzfristigen Einsparungen, z.B. bei Pestiziden, stehen hohe Ausgaben für das patentierte Saatgut gegenüber. In Indien z.B. ist genmanipuliertes Baumwoll-Saatgut um 400 Prozent teurer als konventionelles. Zudem droht laut dem Gentechnik-Konzern SYNGENTA beim Auftreten resistenter Ackerkräuter ein Wertverfall um fast 20 Prozent pro Hektar Ackerland. *3 Einer Studie der britischen Soil Association zufolge betragen die durch GVO verursachten Verluste der US-Landwirtschaft durch Rückrufaktionen, Verkaufsausfälle, Kontamination, zusätzliche Subventionen etc. bereits 12 Milliarden Euro. *4 Allein die Verschmutzung der Nahrungskette mit dem nicht für den menschlichen Verzehr zugelassenen Star Link-Mais verursachte Kosten von über einer Milliarde US-$.

5. Genmanipulierte Nahrungsmittel sind getestet und gesundheitlich unbedenklich

Fast alle GVO werden zuerst in den USA zugelassen. Doch dort erfolgt die Sicherheitsprüfung lediglich auf der Grundlage "freiwilliger Konsultationen" mit den Gentechnik-Konzernen. Diese entscheiden selbst, ob und welche Daten sie den Behörden zukommen lassen. Im Endeffekt lassen sie sich ihre Produkte selber zu. Dieser skandalöse Zustand wird durch die massive Infiltrierung der Behörden durch Mitarbeiter der Gen-Industrie noch verschärft. Bestes Beispiel: US-Landwirtschaftsministerin Ann Veneman. Vor ihrer Ernennung arbeitete diese für den Gentechnik-Multi Monsanto. Auf Basis der US-Daten erfolgen aber auch die Zulassungen in der EU. Unabhängige Wissenschaftler weisen in Tierversuchen immer wieder Missbildungen von Organen durch Gen-Pflanzen nach. Doch ca. 90 Prozent der Gentechnik-Wissenschaftler bekommen ihr Geld von der Industrie. Da wundert es nicht, wenn in den USA trotz des Anstiegs der ernährungsbedingten Erkrankungen um 40% seit der Einführung von Genpflanzen jeglicher Bezug geleugnet wird.

6. Wir brauchen die Gentechnik zur Bekämpfung des Welthungers

Gentechnik geht völlig an den Bedürfnissen der Entwicklungsländer vorbei. Eine Studie über die Probleme philippinischer Reisbauern ergab z.B. folgende Hierarchie:
1. Marktbedingungen,
2. Bewässerungsmöglichkeiten,
3. Trocknung/Lagerung,
4. Verschuldung durch Dünger- und Pestizidkauf,
5. fehlende öffentliche Unterstützung,
6. Stürme,
7. Schlechte Transportwege,
8. Ungerechte Landverteilung,
9. Trockenheit,
10. Schäden durch Pestizideinsatz,
11. geringe Bodenfruchtbarkeit,
12. wenig Forschung und Entwicklung,
13. Schädlingsbefall,
14. Ertragsschwankungen,
15. Überflutung,
16. Bodenerosion,
17. Pflanzenkrankheiten,
18. geringe Sortenauswahl,
19. Geringe Essqualität. *5

Deutlich wird: die Probleme, für die die Gentechnik angeblich Lösungen anbietet, rangieren in der Rangfolge auf den hinteren Plätzen (13,17). Dagegen sind die zentralen Probleme neben natürlichen Gegebenheiten die zutiefst ungerechten Bedingungen des Weltmarktes, Intensiv-Landwirtschaft und ungerechte Landverteilung. Durch Gentechnik-Monokulturen werden diese politischen Probleme ebenso verschärft wie Verschuldung (4) und Pestizidschäden (10). Darüber hinaus ist nur ein geringer Teil der angebauten GVO überhaupt für den menschlichen Verzehr gedacht. Zu 80 Prozent landen sie in Mastfabriken und Ställen der Industrieländer.

Die einzige Form von Hunger, den die Konzerne, die zu fast 100% den Markt für genmanipulierte Pflanzen beherrschen, damit stillen, ist nicht "der Hunger in der Dritten Welt, sondern der Hunger der Aktionäre" (EU-Kommissarin Margot Walström).

Andreas Bauer
Umweltinstitut München e.V.
Tel. 089 - 30 77 49-0
gen@umweltinstitut.org
www.umweltinstitut.org

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* Fußnoten

1 Impacts of Genetically Engineered Crops on Pesticide Use in the United States:The First Eight
Years; www.biotech-info.net/Technical_Paper_6.pdf

2 www.defra.gov.uk/environment/gm/fse/

3 www.syngentacropprotection-us.com/Resources/ Prod/Touchdown/Land_Values.pdf&BID=45925538&EID=4491.pdf

4 Soil Association: Seeds of Doubt, 2003

5 Aerni, Philipp: Public Acceptance of genetically engineered Food in developing countries: The Case of transgenic rice in the Philippines, IAW/ETH Zurich Publications, 1998, aus : Ernährung sichern - Mit allen Mitteln? Misereor, 2003


 
Quelle: Der Spatz - Alternativer Anzeiger für Bayern, D-80999 München
http://www.derspatz.de/
derSpatz@t-online.de
    

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