Zurück zur ECO-World Startseite

 Haftungsausschluss
Impressum
Datenschutzerklärung
  


 Medienpartner: Franz Alt: Sonnenseite
admin
 
 Suche über das Gesamtsystem

Zum ersten mal hier?/Suchhilfe
neue Suche
Zum Thema "Politik & Bildung" bietet Ihnen die ECO-World am :
1875Adressen in kommentierten Rubriken anzeigen
6aktuelle Veranstaltungs-Termine anzeigen
6997Nachrichten & Pressemeldungen anzeigen
225Buch-Tipps & Literaturempfehlungen anzeigen
57Magazin & Promotions anzeigen
5Grundlagen und Sachinformationen anzeigen
Anzeige
Menschen und Visionen: Michael Succow
Portrait-Serie: Träger des alternativen Nobelpreises

Unternehmen Natur
Naturschutzgebiete von der Größe der Schweiz, in der Braunbären, Schneeleoparden, Wölfe und Luchse leben.
Paradiesische Seenlandschaften, eingebettet in niemals durchforstete Urwälder, über denen Adler und Geier kreisen? Endlose Steppengebiete, gefüllt mit Gazellen-Herden? Naturschutzgebiete, die sich nur in Millionen Hektar messen lassen.
Regierungen, die bereitwillig weite Teile ihres Territoriums für künftige Generationen schützen und von jeder wirtschaftlichen Nutzung ausschließen.
All das gibt es - dort, wo es keiner vermutet: in Aserbeidschan, Tadschikistan, Kasachstan, Kirgistan, Turkmenistan, in den Weiten Sibiriens, den sanft geschwungenen Hügeln der Mongolei, ja sogar im Nordwesten des fernen Chinas. Und es ist in großen Stücken dem Wirken eines einzigen Mannes zu verdanken - dem deutschen Botaniker und Alternativen Nobelpreisträgers Michael Succow. Er hat in Mittelasien und dem Fernen Osten den Schutz riesiger Landschaften durchsetzen können.

Mehr als zwanzig Gebiete mit mehr als 20 Millionen Hektar sind als Weltnaturerbe, Nationalparks oder Biosphären-Reservate ausgewiesen oder beschlossen.
Schillernde Ölteppiche auf sterbenden Seen, bis an den Horizont gerodete Landschaften, marode rostende Industrieanlagen, offen gelagerte radioaktive Müllfässer - das ist das Bild, dass sich eingeprägt hat über den Zustand der Umwelt in der ehemaligen Sowjetunion und jener mittelasiatischen Randgebiete, die von Moskau über sieben Jahrzehnte gnadenlos ausgebeutet worden sind. Das ist die eine Seite der Wirklichkeit - aber nicht die einzige. Die endlosen Landmassen, in denen Europa und Asien verschwimmen, waren viel zu weit und wild, um von der gnadenlosen Planwirtschaft gänzlich erfasst und vernichtet zu werden.Es blieb der Weltöffentlichkeit fast verborgen, dass die Nachfolgestaaten der Sowjetunion und weite Teile Russlands zugleich noch über riesige Reservate fast unberührter Landschaften verfügen. "Die Problematik dort ist überall ähnlich und voller Widersprüche", sagt der stellvertretende NABU-Vorsitzende Michael Succow: "Einerseits reiche, großartige Natur- und Kulturlandschaften in traditioneller und angepasster Wirtschaftsweise, andererseits wirtschaftliche Not, zunehmender Nutzungsdruck, politische Turbulenzen und ein wachsendes Interesse internationaler Unternehmen an der Ausbeutung von Naturressourcen." Angesichts dieser Situation hatte sich der Greifswalder Professor vor rund sieben Jahren dazu entschlossen, seine nach der Verleihung des Alternativen Nobelpreises gegründete Stiftung primär dem Landschaftsschutz in den Ländern des Ostens zu widmen.

Grünes Licht für Nationalparks
Zum Beispiel in Aserbeidschan, wo mittlerweile drei Nationalparke ausgewiesen und weitere fünf nun einrichtet werden, nachdem das Parlament in Baku grünes Licht gegeben hat. Das kleine Land am kaspischen Meer hat eine ungewöhnlich vielfältige Natur: Das reicht von Hochgebirgslandschaften mit Laubwäldern über alpine Matten bis hin zu winterkalten Halbwüsten und Steppen oder weiträumigen Sümpfen an der Küste. Im Süden an der iranischen Grenze wurden die hyrkanischen Wälder des Talish-Gebirges unter Schutz gestellt, letztes Refugium des persischen Leoparden. In den uralten Märchenwäldern wächst neben 150 Gehölzarten auch der seltene Eisenholzbaum.
Der 2003 eingerichtete Schivan-Nationalpark im Nordosten des Landes hingegen erinnert eher an die Weiten afrikanischer Savanne. Hier sind die letzten 4500 europäischen Kropfgazellen zu Hause, deren Bestand nicht nur stabilisiert, sondern sogar erweitert werden konnte. Der Zigil Agaj-Nationalpark an der Küste ist mit 90.000 Hektar der größte Nationalpark Aserbaidschans. Hier überwintern weltweit bedrohte Arten wie die Rothalsgans und die Weißkopf-Ruderente. In den Lagunen und vorgelagerten Inseln brüten 20.000 Rosaflamingos, aber auch der Krauskopfpelikan und der Halsband-Frankolin. In der Bergwildnis des großen Kaukasus im Norden des Landes blühen im dortigen Nationalpark nicht weniger als 6000 Gefäßpflanzenarten.

Michael Succow hat Erfahrungen im Landschaftsschutz wie kein anderer.
Im Januar 1990 hatte die Modrow-Regierung kurz nach der Maueröffnung den kritischen Ökologen zum stellvertretenden Umweltminister berufen. Der Botaniker nutzte die Gunst der Stunde und drückte kurz vor dem Zerfall des zweiten deutschen Staates 14 Großschutzgebiete durch, die in den Wiedervereinigungsvertrag aufgenommen wurden. Ein Geniestreich, für den er mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Ab 1991 baut er nach diesem Muster in Georgien einen ersten Nationalpark auf. Es folgen Einsätze in Kirgistan, Türkei, auf der russischen Kamtschatka und in Jakutien, in Usbekistan, der Mongolei, Aserbaidschan sowie China. Mittlerweile kann der Professor, hinter dessen leiser, behutsamer Stimme sich eine enorme Tatkraft und Beharrlichkeit verbirgt, auf die Umsetzung von 20 Großschutzgebiete mit mehr als 20 Millionen Hektar zurückblicken.

Die Naturschützer in all diesen Ländern wandten sich meist an den berühmten Nationalpark-Pionier, um logistische Hilfe beim Aufbau der Parks, eine helfende Hand bei den schwierigen Anträgen und wissenschaftliche Argumentationshilfen zu bekommen. Immer ging es dabei um das Gespür für die Gunst der Stunde. Michael Succow nutzte den rapiden Zerfall des sowjetischen Imperiums, um mit den richtigen Leuten im richtigen Moment Alternativen zu präsentieren. Dabei war nicht nur der Überdruss der mittelasiatischen Transformationsländer gegenüber der kolonialistischen sowjetischen Vergangenheit nützlich, sondern auch die Wiederentdeckung traditioneller Religiosität in den jungen Staaten. "Ein Jakute, der sich wärmen will und Feuer braucht, fragt erst den großen Schamanen, bevor er einem Baum etwas antut und allenfalls die untersten Äste abschneidet", sagt Michael Succow: "Was ich bei diesen Völker weit im Osten, die wir als unterentwickelt bezeichnen, erlebe, ist einfach eine tiefe Religiosität, ein tiefes Verhältnis zur Natur, ein Einssein oder - modern ausgedrückt - ethische Normen im Umgang mit Lebensgrundlagen." Auf dieser Grundlage und mit Hilfe von Succows Stiftung beschloss beispielsweise das Parlament von Jakutsien, 25 % des Landes nicht anzurühren und für künftige Generationen unangetastet als "heilige Räume" zu erhalten. Für den Professor aus Greifswald ein Zeichen, dass dort - am Ende der Welt - weit moderner und nachhaltiger gedacht wird, als im angeblich so vorbildlichen Westen. Heute erinnert sich der alternative Nobelpreisträger oft an seinen Vater, den Landwirt aus Lüdersdorf in der Mark Brandenburg, der dem jungen Michael sagte: "Aus dem Osten kommt das Licht!" Der überentwickelten, konsumversessenen modernen Welt gibt Succow nur wenig Chancen zum tiefgreifenden Wandel. Spätestens dann aber, wenn das ewige Wachstum in den ökologischen Kollaps geführt hat und die Hochzivilisationen sich auflösen, werden die neuen Impulse aus den Gebieten kommen, die heute noch am Rand der Welt liegen, glaubt er.

Wir brauchen Wildnis um unser selbst willen
Succows Ansatz ist dreigliedrig: Einerseits plädiert er für Großschutzgebiete, deren Kernzonen von Wirtschaft, Besiedlung und Erschließung vollkommen unberührt bleiben und nur von den indigenen Völkern vor Ort genutzt werden dürfen: "Wir brauchen Wildnis um unser selbst willen" argumentiert er: "Also Räume für Evolution, die sich in ihrer Eigendynamik, in ihrer Selbstorganisation und ungeheuren Regenerationskraft immer wieder weiter entwickeln kann." Wo das nicht möglich ist, plädiert er für Nationalparks, die für den Tourismus geöffnet werden, aber von exzessiver wirtschaftlicher Nutzung verschont bleiben. Der dritte Ansatz besteht im Aufbau von Biosphären-Reservaten, die historisch gewachsene Kulturlandschaften mit einschließen können, sich aber in Rücksicht auf die Natur nachhaltig entwickeln sollen. In den Weiten Eurasiens findet dieses differenzierte Modell viel Anklang - nicht nur bei den Regierungen, sondern auch bei der Bevölkerung. "Wir sind gut beraten, wenn wir diese in Teilen noch unverdorbenen Kulturen nicht schnell zerstören mit westlicher Lebensweise, mit McDonald, Coca Cola und all diesem Fastfood-Schwachsinn", sagt der alternative Nobelpreisträger. "Achten wir sie! Die Russifizierung haben sie überdauert. Ob sie der Amerikanisierung auf Dauer widerstehen können, weiß ich nicht. Da Zuspruch zu geben, aufzuklären und zu schützen, was noch da ist - das ist es, was ich versuche!"

Michael Succow konzentriert einen Großteil seines Engagements darauf, die Länder des Fernen Ostens darin zu unterstützen, den 'Kapitalstock Natur', über den sie noch im Übermaß verfügen, haushälterisch zu bewahren. Zukunftssicherung geht für ihn von den Völkern aus, die aus der Sicht Europas am Rand der entwickelten Welt liegen. Was andere als 'Unterentwicklung' bewerten, sieht er als Chance, bei der wirtschaftlichen Entwicklung Fehler zu vermeiden. Er setzt darauf, nachhaltige Strukturen zu etablieren, bevor internationale Konzerne den jungen Staaten ihre Regeln aufzwingen.

Im Mittelpunkt des Ansatzes steht der Schutz von noch unberührter Wildnis. Sie soll nicht länger als ungenutzte Rohstofflager gelten, die nur noch der Erschließung harren. Stattdessen sollen Wildnisgebiete als 'Totalschutz-Räume' bewahrt werden, in denen sich die Evolution von industrieller und landwirtschaftlicher Nutzung ungestört entfalten kann. Michael Succow spricht in Anlehnung an den russischen Begriff der Zapowjetniki von 'heiligen Räumen'. "Wir brauchen Wildnis um unser selbst willen. Also Räume, die sich in ihrer Eigendynamik, in ihrer Selbstorganisation und ungeheuren Regenerationskraft immer wieder weiter entwickeln - also wo eben Evolution ablaufen kann. Und Evolution braucht zwei Dinge: Zeit und Raum. Wir geben der Natur immer weniger Zeit und praktisch keinen Raum mehr. Und damit wird diese Triebkraft, dieses adaptieren an neue Rahmenbedingungen, praktisch immer weniger möglich. Das ist der eine Fakt. Das andere ist, dass diese Hochzivilisationen ja in ungeheurem Maße systemfremde Stoffe in die Natur geben. Und die Natur muss das ja irgendwie wieder entsorgen. Wir sind jetzt an einem Punkt, wo die Natur immer weniger noch die Kraft hat, das Entsorgen dieser zivilisatorischen Einflüsse zu verkraften. Und das sehe ich noch schlimmer an, als das Knapperwerden der Naturressourcen. Deshalb brauchen wir dringend Räume, wo dieses Entsorgungsvermögen noch stattfindet. Deshalb also das was noch nicht genutzt wird, das zu erhalten, zu sichern und als heilige Räume zu erklären."

Die Wildnis ist in diesem Konzept nicht mehr länger das Gegenbild zu menschlicher Kultur, sie wird vielmehr selbst zum schützenswerten Kulturgut. Unter den Schutz der Biosphären-Reservate fallen aber auch historisch gewachsene Kulturlandschaften, die durch die Ausweitung industrieller Landwirtschaft akut gefährdet sind. Durch die Entfaltung regionaler Wirtschaftskreisläufe sollen hier ökologische, soziale und ökonomische Bedürfnisse so verknüpft werden, dass eine dauerhaft umweltverträgliche Entwicklung möglich wird. Statt Zivilisation mit der Zerstörung von Natur und Wildnis gleichzusetzen, sollen sich Kultur und Wildnis gegenseitig durchdringen.

Da wird keine rückwärtsgewandte Umweltpolitik gefordert, sondern schlicht die Anerkennung der Tatsache, dass städtische Kulturen dringend einen ländlichen Raum brauchen, der noch funktionsfähig, sowie ökologisch und sozial intakt ist. Wenn die hoch subventionierte industrielle Landwirtschaft traditionelle Kulturlandschaften - ob in Chinas Ebenen, im amerikanischen Mittelwesten oder auf den Ebenen Niedersachsens - zu reinen 'Produktionslandschaften' degradiert werden, dann sind die in ihnen liegenden Metropolen schon deshalb gefährdet, weil das sie umgebende größere Systeme immer instabiler wird. Daraus ergeben sich für die Landwirtschaftspolitik massive Konsequenzen: Biologische Vielfalt statt Monokulturen, Abkehr von der Subventionspolitik, kleinräumiges Wirtschaften, Mischkulturen und Fruchtwechsel. Statt ein zerfallendes ökologisches Gleichgewicht immer wieder chemisch zu restabilisieren, plädiert Michael Succow für den Mut zur leeren Fläche: Wildnisinseln, in denen sich nur die Natur, aber nicht das industrielle Wachstumssystem entwickelt. Selbstheilung lautet das Prinzip, nicht Reparatur oder Pflege. Schließlich, so Succow, habe das 'Unternehmen Natur' seit vier Milliarden Jahren nicht bankrott gemacht. Daran gelte es sich zu orientieren.

Mehr Informationen unter
www.succow-stiftung.de
Quelle: Goethe Institut 2005



 
 
 
 
  Aktuelle News
 
  Aktuelle Events
 
  Buch-Tipps
 
  Shopping-Tipps
 

   
 
alternativ anders andere bio biologisch CSR eco energiesparend erneuerbar ethisch fair gesund Green Lifestyle grün health Konsum Lifestyle of health and sustainability LOHAS nachhaltig nachwachsend natur natürlich naturgemäß öko Ökologie ökologisch Ökoadressen Ökobranchenbuch Ökoinformationen Ökonachrichten Ökonomie Ökosuchmaschine Produkte ressourcenschonend sanft solar sozialverträglich sustainability Umwelt umweltfreundlich umweltschonend umweltverträglich Wellness werthaltig wertbeständig wertvoll wohngesund