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"Das ist noch kein Durchbruch, aber schon hörbare Musik für eine bessere Welt..."
Ein Interview mit Dr. Franz Alt
Dr. Franz Alt, Jahrgang 1938, Journalist, Umweltaktiver und "Franz-Dampf der Energieszene" (Schrot&Korn), engagiert sich überall auf der Welt für Mensch und Umwelt. Für sein Buch "Die Sonne schickt uns keine Rechnung" erhielt er den Europäischen Solarpreis.
ECO-World fragte, was ihn bewegt.


ECO-World: Herr Alt, Sie sind aus der "Umweltszene" nicht mehr wegzudenken. Wann und wie kam es, dass Sie sich so stark in diesem Bereich engagieren?

Dr. Franz Alt: Tschernobyl war mein Damaskus-Erlebnis. Ich trat, nachdem klar war, dass die CDU/CSU auf Atomkurs bleibt, aus der CDU aus und suchte nach Alternativen zur Atomenergie. 70 Prozent unserer Umweltprobleme sind Energieprobleme. Deshalb brauchen wir rasch den Durchbruch ins Solarzeitalter, die ökologische Verkehrswende, die Bauwende, die biologische Landwirtschaft und eine ökologische Steuerreform. Für eine bessere Zukunft ist die Energiefrage der Schlüssel. Nur dann kann nachhaltiges Wirtschaften wirklich gelingen.

ECO-World: Was treibt Sie an, was ist Ihr Motor?

Dr. Franz Alt: Verantwortung für künftige Generationen treibt mich am meisten an. Wer Kinder hat kann doch nicht passiv bleiben, wenn wir deren Zukunft verbrennen. Wir verbrauchen heute an einem Tag so viel Kohle, Gas und Öl wie die Natur in 500.000 Tagen geschaffen hat. So verantwortungslos gegenüber künftigen Generationen und gegenüber den Menschen in den "Dritt-Welt-Ländern" hat sich noch nie eine Generation vor uns benommen. Wir haben unseren Brut-Instinkt verloren.

ECO-World: Fühlen Sie, dass sich durch Ihr Wirken etwas ändert? Oder sehen Sie sich auch manchmal als Don Quijote?

Dr. Franz Alt: Noch vor 15 Jahren hatte ich manchmal den Eindruck von Sisyphusarbeit. Doch heute erleben wir bereits spannende Umbruch-Zeiten. Nach jeder Fernsehsendung, nach jedem Buch oder Artikel und erst recht nach jedem Vortrag, den ich irgendwo in der Welt halte, erlebe ich Menschen, die ihr Verhalten ändern und die aktiv werden, statt weiterhin zu jammern. Immerhin erzeugen wir in Deutschland 2005 bereits 10 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. Das ist noch kein Durchbruch, aber doch bereits hörbare Musik für eine bessere Welt.

ECO-World: In einem Interview mit Schrot & Korn sagten Sie, es seien die Visionen, die unserem Land fehlen. Gibt es sie nicht oder finden sie hierzulande "nur" keine Plattform und kein Echo?

Dr. Franz Alt: Ich meinte die Situation der Arbeitslosen. Fast alle führenden Ökonomen und Politiker beten die alte Litanei vom fehlenden Wachstum. Dabei haben wir ganz einfach die Grenzen des Wachstums erreicht. Nur mit Visionen schaffen wir Millionen neue Arbeitsplätze. Das notwendige qualitative Wachstum für neue Arbeitsplätze hat Klaus Töpfer schon vor 10 Jahren so definiert: "Umweltschutz und Klimaschutz sind keine Arbeitsplatzkiller sondern die Arbeitsplatzknüller für das 21. Jahrhundert."

ECO-World: Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Was ist Ihre Vision?

Dr. Franz Alt: Dass immer mehr Menschen sich nicht länger als Teil der Probleme, sondern als Teil der Lösung empfinden.

Franz Alt - www.sonnenseite.com